Samuel, der Sternenputzer
Samuel rekelte sich
genüsslich auf der Wolke und blinzelte in die Sonne. Was für ein herrlicher
Tag!
"Hach, ist das Leben
schön!", rief er aus und ließ die Sonnenstrahlen auf seiner Nase tanzen.
Samuel war ein
Sternenputzer, der tagsüber den Sternen ihren Glanz verlieh, damit sie nachts
leuchten konnten.
Auf der Wolke hatte er nun
eine kleine Pause eingelegt und genoss einfach alles, was ihn im Moment umgab.
Der Wind strich ihm sanft
über Haare und Haut. Die Sonne wärmte ihn.
Samuel seufzte genüsslich.
Er war gerne Sternenputzer.
Es war eine Aufgabe, die ihm von ganzen Herzen Freude bereitete.
Früher waren Seefahrer auf
seine gewissenhafte Arbeit angewiesen gewesen. Mit Hilfe der Sterne hatten sie
ihre Fahrt navigiert und so ihre Passagen gefunden.
Heute stellten Astronome mit
Hilfe von hochkomplizierten, hochsensiblen Computern und Navigationsgeräte ihre
Berechnungen an, die auch das kleinste Leuchten wahrnehmen konnten.
Samuel hatte deshalb in
letzter Zeit immer wieder mal die Sinnhaftigkeit seines Tuns in Frage gestellt.
Wo es inzwischen so tolle
Computer gab, die das kleinste Licht im Universum entdecken konnten, warum
sollte er dann noch die Sterne so superblank putzen? Er fühlte sich immer öfter
überflüssig und der Gedanke daran machte ihn immer sehr, sehr traurig.
Ich denke, ich werde mir
einen neuen Job suchen, einen, der wirklich wichtig ist, überlegte er schweren Herzens. Hier werde ich ja
nicht mehr wirklich gebraucht.
Und so entschloss er sich in
der kommenden Nacht, wenn die anderen Sternenputzer schliefen, fort zu gehen.
Als die Nacht herein brach
packte ein paar Sachen zusammen. Schweren Herzens warf er einen letzten Blick
auf die wundervoll funkelnden Sterne, die hier, aus dieser Nähe wunderschön
waren.
Ein tiefes Seufzen entfuhr
ihm und eine Träne rann über seine Wange. Entschlossen drehte er sich um. Sein
Ziel war die Erde.
„Dort werde ich bestimmt
einen Platz finden an dem ich nützlich bin,“ sagte er zu sich selbst und machte
sich auf den Weg.
Der Zeittunnel brachte ihn
zur Erde – in eine frühere Zeit. Er landete auf einem Feldweg in der Nähe eines
kleines Dorfes. Als Samuel zum Himmel blicke war er erstaunt wie klein die
Sterne von hier aussahen. Nur kleine leuchtende Punkte. Auch sah man nicht alle
von ihnen was ihn sehr verwunderte.
Als die Sonne aufging
wanderte er zu dem Dorf um dort Arbeit zu finden.
Am Dorfeingang stand eine
Schmiede. Der Schmied hatte schon das Feuer entfacht und allerlei Eisen zurecht
gelegt das er bearbeiten wollte.
Als er Samuel näher kommen
sah, schaute er diesem finster und misstrauisch entgegen. Fremde fanden sehr selten den Weg in das Dorf.
„Einen wundervollen guten
Morgen wünsche ich“, begrüßte Samuel freundlich den Schmied. "Mein Name
ist Samuel und ich suche Arbeit“, stellte er sich vor.
„Hmmm ...“, brummte der Mann
am Feuer und betrachtete Samuel kritisch von oben bis unten. „Siehst ja nicht
gerade kräftig aus, aber gerade kann ich sehr gut Hilfe gebrauchen. Der König
hat zum Krieg gerufen und ich habe alle Hände voll zu tun um die Waffen für ihn
zu schmieden.“, antwortete er.
„Oh, eine Arbeit für den
König! Das hört sich wichtig an!“, entfuhr es Samuel erfreut.
„Was macht der König mit den
Waffen?“, fragte Samuel, der keine Ahnung hatte, was Waffen sind und was das Wort
Krieg bedeutete.
„Das kannst du wohl sagen,
dass das wichtig ist. Ohne sie kann der König nicht Krieg führen und all seine
Feinde töten lassen.“, entgegnete der Schmied stolz.
„Die Waffen sind zum Töten
da?“, entfuhr es Samuel entsetzt, dem jedes Leben heilig war.
„Na klar, was sonst?",
antwortete der Schmied erstaunt.
„Tut mir leid, aber ... ich
kann dir nicht helfen Waffen zum Töten herzustellen.“, antwortete Samuel und
ein kalter Schauer durchfuhr ihn bei dem Gedanken etwas zu tun, was zum Töten benutzt
wurde.
Samuel bedankte sich und
setzte seinen Weg fort. Der Schmied schaute ihm kopfschüttelnd nach. Was ist
denn das für ein komischer Vogel?, dachte er und wandte sich wieder, immer
noch kopfschüttelnd, seiner Arbeit zu.
Samuel wanderte weiter.
Als Nächstes traf er einen
Bauern dem er seine Hilfe anbot die dieser gerne annahm. Der Bauer sähte
Kohlköpfe und Getreide. Der Sternenputzer fand die Arbeit nützlich. Schließlich
ernährte sie Menschen und Tiere.
Nachts schlief Samuel im
Stall auf Stroh, was nicht so weich und bequem wie die Wolken war, die er
gewohnt war. Oft saß er abends auf der Viehtränke und betrachte den Himmel.
Dann entwich ihm immer ein tiefes Seufzen und er bekam Heimweh. Auch hatte er
das Gefühl, dass die Sterne immer blasser zu leuchten schienen.
Meine ich sicher nur,
liegt sicher an den Wolken. Ging es
ihm dann durch den Kopf.
Nachdem er eine zeitlang bei
dem Bauern gelebt hatte zog er weiter.
Die Landarbeit war zwar
nützlich, aber sie berührte und erfreute nicht sein Herz.
Danach arbeite er eine
zeitlang bei einem Bäcker. Auch diese Arbeit war wichtig und sinnvoll. Jedoch
merkte Samuel auch hier, dass sie nicht sein Herz erfreute und so zog er
weiter.
Das Arbeiten bei einem
Schlachter kam für Samuel natürlich nicht in Frage! Als er erfuhr das hier
Tiere starben kroch ihm ein Würgereiz den Hals hinauf.
Samuel wanderte viel umher,
nahm viele Arbeiten an, aber nichts erfreute sein Herz wie früher das
Sternenputzen.
Immer wenn er zum Himmel
sah, nahm er nur noch die hellsten, größten Sterne wahr. Alle anderen wurden
vom Dunkel des Universums verschluckt.
Samuel runzelte dann immer
die Stirn. In der Sternenputzerschule hatte man ihnen vor langer, langer Zeit
erklärt, dass ihre Arbeit unabhängig von Zeit und Raum wirkte. Samuel konnte
sich das damals nicht vorstellen und ein ungutes Gefühl breitete sich ganz
langsam in ihm aus.
Als er kurz darauf in eine
Küstenstadt kam, herrschte dort große Aufregung!
Ein großes Handelsschiff war
gesunken, die Fracht verloren, die Seeleute ertrunken.
Es hieß, dass das Schiff auf
ein Riff gelaufen war. Schiffe, die ebenfalls in dem Gebiet gewesen waren,
berichteten von klarer Sicht aber wohl einer sehr hohen Wolkendecke, da kaum
Sterne zu sehen waren.
Samuel schluckte. Hatte das
etwa etwas mit seinem Weggang zu tun?
Er brauchte Klarheit und
begab sich zum nächsten Zeittunnel, der ihn wieder zurück bringen sollte.
In der Sternenwelt
angekommen riss er erschrocken die Augen auf!
Alle Sterne hatten matte
Flecken, manche schimmerten zu noch ganz schwach.
„Ach - du - Schande!“, entfuhr es Samuel.
Als die anderen
Sternenputzer ihn sahen stürmten sie ihm freudestrahlend entgegen.
„Samuel! Schön das du wieder
da bist! Wir haben dich so vermisst. Du hast uns so gefehlt! Wir konnten ohne
dich einfach nicht so gewissenhaft putzen wie es nötig gewesen wäre“, begrüßten
sie in herzlich und umarmten ihn.
Zuhause. Ich bin wieder
Zuhause. Dort, wo ich hingehöre, wo ich glücklich bin, wo mein Tun sinnvoll und
wichtig ist. Dort, wo das, was ich tue mein Herz erfreut, mich tief erfüllt und
glücklich macht!, dachte er tief
berührt und wusste nun, wo er hingehörte und was seine Bestimmung war.
(C) 12/2019 by Karin Alana Cimander
(C) 12/2019 by Karin Alana Cimander