Schneeflocken stoben im Wind
und fielen auf den Gehsteig, wo sie kurz darauf schmolzen und sich in Matsch
verwandelten.
Aus dunklen, tiefhängenden
Wolken hatte es an diesem Januartag immer wieder gescheit und alles in dunkles,
tristen Grau gehüllt.
Kerstin ging mit gesenktem
Kopf die Straße entlang. Sie war auf dem Weg nach Hause.
Wieder einmal dachte sie an
Bianca und ein ziehender Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus. Tränen
traten in ihre Augen und sie schluckte.
Bianca und sie waren acht
Jahre ein Paar gewesen. Ihre Coming Outs hatten ihre bisherigen Leben komplett
verändert. Es war eine Zeit voller Herausvorderungen, Zweifel und Ängste
gewesen, aber auch eine Zeit voll unbeschreiblicher Liebe und Nähe, die ihnen
machmal überirdisch erschien. Eine tiefe Verbundenheit, der es oft keiner Worte
bedurfte, ein Gefühl des Einsseins.
Vor neuen Monaten jedoch,
hatte sich Bianca von Kerstin getrennt.
Dieses intensive Gefühl des
Verbundenseins hatte sie plötzlich geängstigt. Sie hatte das Gefühl gehabt sich
in dieser Liebe zu verlieren, nicht mehr Herr über sich selbst zu sein. Und so
war sie gegangen.
Für Kerstin war eine Welt
zusammen gebrochen.
Sie wollte mit dieser Frau
alt werden, und nun ...
Wenn ich jetzt einen
Unfall hätte, dachte sie, vielleicht
würde Bianca dann ins Krankenhaus kommen und alles wäre wieder gut.
Es gab ja genug Filme mit
derartigen Happy Ends.
Doch kaum, dass sie diesen
Gedanken gefasst hatte, verwarf sie ihn blitzschnell wieder, denn - sie wusste, dass Gedanken Realität
erschufen!
Ihr war bewusst, dass
Gedanken machtvolle Werkzeuge sind.
"Nee, das lassen wir
mal lieber," murmelte sie vor sich hin und wandte ihre Schritte in
Richtung einer großen Straßenkreuzung.
Die Fußgängerampel zeigt rot
und Kerstin betrachtete den fließenden Verkehr. Auf der Straße hatte sich der
Schnee in eine unansehnliche, graue Matsche verwandelt, die die Reifen der
Autos immer wieder aufwirbelten.
Die Fußgängerampel sprang
von Rot auf Grün. Kerstin zögerte kurz, schaute, wohin sie den ersten Schritt
setzen sollte, denn sie wollte nicht ausrutschen.
Als sie den Fuß hob um die
Straße zu betreten, passierte es:
Ein VW Beatle kam angerast,
überfuhr das Rotlicht und raste an Kerstin vorbei.
Schockiert schaute diese dem
Auto nach und überquerte dann, wie in Trance, die Straße.
Ihre Gedanken bezüglich des
Unfalls fielen ihr ein und sie schluckte hart.
Sie hatte sich fast einen
Unfall manifestiert.
Nach ein paar Schritten
schaute sie sich, innerlich noch immer vollen aufgewühlt, noch einmal um.
Das, was sie sah, ließ ihr
den Atem stocken.
Die Autos warteten immer
noch an der roten Ampel.
In dem zweiten Auto saß -
Bianca!
Sie wäre, wenn Kerstin vom
Auto erfasst worden wäre, dort gewesen!
Ein kalter Schauer lief über
Kerstins Rücken.
"Boah", stieß sie
hervor.
"Ja, unsere Gedanken
erschaffen wirklich unsere Realität. Wir sind die Schöpfer unserer Existenz und
dürfen uns dessen immer wieder bewusst sein.", sagte sie, aus tiefster
Überzeugung. "Ich darf das echt intensiv verinnerlichen."
Anmerkung: Dies ist eine wahre Geschichte, die sich am 13.01.2005 genauso ereignete. Lediglich die Namen wurden geändert.
Ó 12/2017
Bildquelle: pixabay.com
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